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Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom mit Hyperaktivität (ADHS) im Erwachsenenalter: Bei etwa 2,5 % der Erwachsenen auftretende Störung des Verhaltens, in deren Mittelpunkt eine vermehrte Ablenkbarkeit steht. Betroffene haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren und Vorhaben strukturiert anzugehen. Oft halten sie Frustrationen nur schwer aus und reagieren dann sehr emotional (erhöhte Impulsivität). Die beim ADHS in der Kindheit stark ausgeprägte körperliche Hyperaktivität ist im Erwachsenenalter häufig abgemildert und zeigt sich eher in innerer Unruhe, Ungeduld und sprunghaftem Verhalten sowie schnellem und vielem Reden. Auch Suchtprobleme und Risikoverhalten treten bei Betroffenen vermehrt auf. Beschränken sich die Probleme auf die verstärkte Unaufmerksamkeit, spricht man manchmal auch vom Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom (ADS) im Erwachsenenalter.
Meist wird die Störung aus der Kindheit "mitgenommen", manchmal wird aber auch ein im Kindesalter nicht erkanntes ADHS erst im Erwachsenenalter diagnostiziert. Als Behandlungsmöglichkeiten stehen die Psychoedukation zum besseren Umgang mit der Erkrankung, psychotherapeutische Verfahren und Medikamente zur Verfügung.
Unaufmerksamkeit
Impulsivität
Hyperaktivität
In den nächsten Tagen, wenn
2,5 % der Erwachsenen leiden an ADHS. Weil die Beschwerden sehr variabel und weniger auffällig sind als im Kindesalter, gehen die Expert*innen von weiteren unerkannten Fällen und einer hohen Dunkelziffer aus. Zumeist haben ADHS-Patient*innen ihre Diagnose aus der Kindheit mitgenommen. Bis zu 80 % der im Kindesalter Betroffenen sollen als Erwachsene zumindest noch einzelne ADHS-Symptome aufweisen. Ein Drittel der ADHS-Kinder zeigt später sogar das Vollbild der Störung, allerdings oft mit einem etwas verschobenen Beschwerdespektrum. Einige erwachsene ADHS-Patient*innen erhalten ihre Diagnose jedoch auch erst im Erwachsenenalter. Das liegt zum Beispiel daran, dass ihre Beschwerden milder ausgeprägt waren und deshalb eine Diagnose in der Kindheit versäumt wurde.
Heute geht man davon aus, dass ADHS eine genetisch bedingte oder zumindest genetisch mitbedingte neurologische Entwicklungsstörung ist. ADHS-spezifische strukturelle Gehirnveränderungen konnten bisher jedoch trotz zahlreicher Untersuchungen nicht identifiziert werden. Zwar gibt es auf Gruppenebene bei Kindern mit und ohne ADHS durchaus Unterschiede: z. B. war in einigen Studien das Hirnvolumen von ADHS-Kindern etwas kleiner; in anderen Untersuchungen deuteten die in diversen Hirnregionen gemessenen Aktivitäten auf abweichende Verarbeitungsmechanismen hin. Auch wurden Besonderheiten im EEG gefunden. Diese Ergebnisse sind aber so breit gestreut, dass sie nicht als hinreichender Beweis für die Diagnose eines ADHS gelten. Zumal auch noch ungeklärt ist, ob mögliche Veränderungen im Gehirn Folge oder Ursache der gezeigten Beschwerden sind.
Warum sich ein ADHS entwickelt, ist ebenfalls noch unklar. Heute geht man davon aus, dass verschiedene Faktoren daran beteiligt sind. Dazu gehören genetische Veränderungen, Umwelteinflüsse kurz vor, während und nach der Geburt sowie Einflüsse während der frühen Kindheit (z. B. gestörte familiäre Strukturen, Vernachlässigung). Mehr zu den Ursachen siehe ADHS im Kindesalter.
Auch bei Erwachsenen mit ADHS werden die drei Hauptmerkmale Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität in unterschiedlicher Ausprägung beobachtet. Häufig bessert sich die Unaufmerksamkeit, wobei die Aufmerksamkeitsspanne trotzdem geringer bleibt als bei Nicht-Betroffenen. Nicht immer, aber manchmal mildert sich auch die Impulsivität. Die bei ADHS-Kindern typische körperliche Überaktivität äußert sich bei Erwachsenen oft in innerer Unruhe, Nervosität und einem Nicht-Warten-Können.
Manche Betroffene – vor allem Frauen mit ADHS – sind neben ihrer Unaufmerksamkeit eher unterdurchschnittlich aktiv (hypoaktiv) und verträumt. Sie fallen dadurch weniger auf, leiden aber stark an ihren Konzentrationsstörungen und sind oft sensibel und schnell gekränkt. Diese auch ADS genannte Form ist eine Unterform des ADHS.
Wieder andere ADHS-Patient*innen schaffen es, ihre impulsive und emotionale Art positiv zu nutzen. Sie gehen offener an Neues heran und haben oft außergewöhnlich viele Ideen. Wenn es gelingt, diesem Ideenreichtum in einem passenden Beruf Bahn zu verschaffen, können auch Menschen mit einem ADHS im Job überaus erfolgreich sein.
Leider führen Aufmerksamkeitsstörungen und mangelnde Affektkontrolle bei Erwachsenen mit ADHS häufiger zu Folgeproblemen als zu Erfolgsgeschichten. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Betroffenen öfter einen niedrigeren Ausbildungsstand erreichen sowie ein geringeres Einkommen und einen niedrigeren sozioökonomischen Status haben als Menschen ohne ADHS. Oft ist das Risikoverhalten erhöht, weshalb erwachsene ADHS-Patienten mehr Unfälle erleiden, häufiger ein riskantes Sexualverhalten zeigen und häufiger Gesetzesübertretungen begehen. Eine Studie aus dem Jahr 2016 hat zudem bei Frauen einen Zusammenhang zwischen ADHS und dem Risiko für Adipositas festgestellt. Außerdem steigt mit dem ADHS das Risiko für weitere Erkrankungen, insbesondere Suchterkrankungen, Depressionen, Angsterkrankungen und Persönlichkeitsstörungen.
Die Diagnose ADHS im Erwachsenenalter ist schwierig und gehört deshalb in die Hände einer erfahrenen Fachärzt*in (z. B. Fachärzt*in für Psychiatrie und Psychotherapie oder Neurologie). Im gründlichen Gespräch wird beispielsweise geklärt
Die Diagnosekriterien für ein ADHS bei Erwachsenen sind folgende (alle 4 Punkte müssen zutreffen):
Ergänzend zum Gespräch bedient sich die Ärzt*in meist verschiedener Tests, um Konzentrationsstörungen, Teilleistungsschwächen oder eine Intelligenzminderung besser einkreisen zu können. Eine Diagnose allein aufgrund solcher Tests und Fragebögen ist jedoch nicht möglich.
Um körperliche Ursachen auszuschließen, erfolgt nach dem ausführlichen Gespräch eine gründliche neurologische und allgemeine körperliche Untersuchung. Falls der Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht – z. B. eine Schilddrüsenerkrankung oder eine Epilepsie – wird diesem mit den erforderlichen Untersuchungen nachgegangen (Laboruntersuchungen, EEG).
Differenzialdiagnosen. Schilddrüsenüberfunktion, besondere Formen der Epilepsie, Depression, Minderbegabung und viele Formen von sonstigen Verhaltensstörungen können ein sehr ähnliches Bild aufweisen.
Basis der Behandlung ist die sogenannte Psychoedukation. Dabei wird den Betroffenen die Erkrankung erklärt und die wesentlichen Behandlungsstrategien erläutert. Therapeutisch hat sich eine Kombination aus Pharmako- und Psychotherapie sowie eine sozialpsychiatrische Begleitung bewährt:
Hinweis: Atomoxetin hat bei Kindern und Jugendlichen das Risiko für Selbstmord erhöht, eine engmaschige Überwachung, besonders zu Beginn einer Behandlung damit, ist deshalb erforderlich.
ADHS begleitet die Betroffenen ein Leben lang, verändert sich jedoch oft in seiner Ausprägung. Die Auswirkungen auf die Lebensqualität variieren deshalb sehr. Manche Betroffene kommen mit ihrer Störung gut zurecht, andere erleiden aufgrund ihrer erhöhten Risikobereitschaft Unfälle oder geraten mit dem Gesetz in Konflikt. Bedeutend für die Prognose sind auch Begleiterkrankungen wie Depression oder die Entwicklung einer Sucht.
Informieren Sie sich gründlich über ADHS. Lassen Sie sich von Ihrer Ärzt*in Bücher empfehlen. Suchen Sie eine Selbsthilfegruppe und andere erwachsene Betroffene, mit denen Sie sich austauschen können. Je besser Sie über Ihre Erkrankung Bescheid wissen, umso besser können Sie bei Problemen gegensteuern.
Suchen Sie sich einen "Coach". Es ist gut, in der Nähe jemanden zu haben, der Sie ermutigt und Ihnen hilft. Das kann eine Therapeut*in sein oder eine gute Freund*in, die ehrliches Feedback zu Ihrem Verhalten geben können. Die Lebenspartner*in ist aufgrund der Nähe und der speziellen Beziehungssituation dafür meist weniger geeignet.
Gehen Sie offen mit Ihrem ADHS um. Informieren Sie Ihre Familie und Ihre Freunde über ADHS. Sobald diese mehr darüber wissen, fällt es ihnen leichter, Sie zu verstehen und mit Ihnen umzugehen. Das gilt auch für den Kollegenkreis: Menschen, denen Sie vertrauen, sollten Sie ebenfalls in Ihre Diagnose einweihen.
Geben Sie sich keine Schuld. Denken Sie immer daran, dass ADHS eine neurobiologische Störung ist und nicht durch Unreife, Willenlosigkeit oder Charakterschwäche verursacht wird.
Setzen Sie sich Termine, organisieren Sie Ihre Arbeit. Es gibt viele kleine Hilfsmittel, die Ihnen helfen, Struktur in ihr inneres Chaos zu bringen. Arbeiten Sie bei der Planung von Vorhaben mit Listen, Merkzetteln, Notizen und Karteien. Inzwischen werden auch viele Kurse angeboten, in denen das Strukturieren der Arbeit erlernt werden kann.
Haben Sie immer Stift und Notizblock dabei. So können Sie Ihre Gedankenblitze gleich notieren, statt sie zu einer Gedankenflut im Kopf anwachsen zu lassen.
Auszeiten nehmen. Wenn etwas Sie stark ärgert, gehen Sie aus der Situation, beruhigen Sie sich. Auf diese Weise lernen Sie, Ihre (negative) Impulsivität zu zügeln.
Leider fehlt bisher ein gesicherter Nachweis, dass Heilpflanzen bei ADHS helfen. Dennoch spricht nichts dagegen, alternative Behandlungsansätze gegen einige Begleitsymptome auszuprobieren, etwa gegen Schlafstörungen und Unruhe.
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